Haushaltsdebatte in Siegburg: Ein Aufruf zur Besonnenheit und Innovation
Hier die Haushaltsrede im Wortlaut – Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger unserer schönen Stadt Siegburg,
wieder ein Jahr steht in den Büchern und so ist es wieder an der Zeit, den Haushalt der Stadt zu beraten, nunmehr zum vorletzten Mal in dieser Legislaturperiode des Rates. Wie so oft lässt sich heute wieder das allbekannte Bild beobachten – die Debatte kommt mehr einem brutalen Boxkampf gleich als dem feinen Meinungskampf im Ringen um die besten Lösungen.
Mir, der nunmehr das zweite Jahr im Amt ist, scheint, dass es immer weniger um die Sachpolitik geht, sondern vielmehr darum, den politischen Gegner nachhaltig zu beschädigen. Ein Phänomen, welches der geneigte Zuschauer auch bei der letzten Ratssitzung wieder hat beobachten können.
Diesen Umgang miteinander kann man zwar so pflegen, ob es aber der Stadt oder gar den Bürgerinnen und Bürgern nutzt, daran haben wir gehörige Zweifel.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, wir beraten heute den Haushaltsplanentwurf Ihrer Verwaltung. Wie auch in den vergangenen Jahren segelt dieser Haushalt hart am Wind. Die Zahlen sind eindeutig. So gelingt der Haushaltsausgleich in diesem Jahr zwar fiktiv, jedoch nur unter Einsatz von rund 11,6 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage. Doch damit nicht genug. Spätestens in der mittelfristigen Finanzplanung wird die Misere deutlich: Rund 10 Millionen Euro Unterdeckung in 2025, rund 6,3 Millionen Euro in 2026 und noch mal 6,2 Millionen Euro in 2027. Diese Zahlen können keinen kalt lassen. Es geht an die allgemeine Rücklage und damit an unser Eigenkapital. Dementsprechend liest sich der Vorbericht des Kämmerers als eindringliche Mahnung, die Konsolidierungsbemühungen zu intensivieren. Gelingt dies nicht, werden Steuererhöhungen unumgänglich sein.
Doch das kann keiner wollen – nicht nur in Wahljahren nicht. Die FDP-Fraktion steht für ernsthafte überparteiliche Gespräche zu Konsolidierungsmaßnahmen bei Stadt und AöR bereit. Ohne schmerzliche Einschnitte wird es dabei aller Voraussicht nicht gehen. Dennoch – packen wir es an!
Ein Thema, welches unserer Meinung nach viel zu wenig Beachtung findet, ist die Gewerbesteuer. Etwa 30 % unseres Haushalts stammen aus dieser Ertragsquelle, was sie zu einem entscheidenden Element für die finanzielle Stabilität unserer Stadt macht.
Leider ist bisher wenig unternommen worden, um sicherzustellen, dass wir weiterhin von diesen Einnahmen profitieren können. Weder die Verwaltung noch wir, die Politik, haben ernsthafte Maßnahmen ergriffen, um die Gewerbesteuererträge zu steigern. Wir müssen uns dringend fragen, wie wir unsere lokalen Unternehmen unterstützen und neue Unternehmen dazu ermutigen können, sich in unserer Stadt anzusiedeln. Dabei ist eines ganz sicher: Funktionierende Wirtschaftsförderung beschränkt sich dabei nicht nur auf den Bereich der Innenstadt.
Doch bei allen Alarmsignalen gibt es auch positive Signale. Die Ansiedlung der Gauselmann-Gruppe in Siegburg und die damit verbundene Herrichtung des Gewerbegebietes Zange II sind ein zutiefst positives Signal für den Wirtschaftsstandort Siegburg.
Dass in letzter Zeit aber vereinzelte Stimmen aus dem politischen Raum laut werden, welche die Ansiedlung des Casinos auf Zange II jetzt noch verhindern wollen, halten wir für brandgefährlich. Nicht nur, dass der Kämmerer zu erwartende Erträge schon in die mittelfristige Finanzplanung mit eingeplant hat (was man durchaus kritisch sehen kann, wenngleich die Motive lauter sind), sondern vielmehr die Zuverlässigkeit des politischen Raums wird mit solchen Parolen beschädigt. Wenn wir weiter wirtschaftliche Ansiedlungen wollen, darf die Politik nicht zum unsicheren Kantonisten und die Verwaltung zum Hemmschuh werden. Nur ein wirtschaftlich starkes Siegburg wird den fiskalischen Herausforderungen der kommenden Zeiten angemessen gegenübertreten können!
Eines ist dabei sicher: Wer sich bei den Stichworten „Altschuldenregelung“ und „angemessene Finanzausstattung der Kommunen“ auf das Land verlässt, ist verlassen! Vielmehr muss es Ziel sein, die strategische Entscheidung, Siegburg als Konferenzstadt zu etablieren (welche man wiederum kritisch sehen kann), nun nachhaltig mit Leben zu füllen. Co-Workingspaces könnten mit Blick auf den leerstehenden Kaufhof und unter Berücksichtigung der anstehenden Cum-Ex-Prozesse eine sinnvolle Ergänzung zum modernen Rhein-Sieg-Forum sein. Ein Theater mitten im Herzen unserer geliebten Innenstadt braucht es dabei wahrlich nicht, nicht mal als Interim!
Vielmehr könnten digitale Unternehmen mit Blick auf die endlichen Flächen unserer Kommune der Schlüssel zu einem Siegburg 2.0 sein. Anträge hierzu werden wir in Kürze in die Beratungen des Rates einbringen.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, die FDP-Fraktion gibt die Hoffnung nach einer soliden Finanzpolitik in dieser Stadt und dem echten Willen, diese Stadt durch Konsolidierungen fit für die Zukunft zu machen, nicht auf. Hieran wollen wir weiterarbeiten.
Die kommende Zeit wird dabei zweifelsohne herausfordernd – wahrscheinlich sogar herausfordernder, als an den neuen Produkten der Social-Media-„Burgymeister“-Abteilung auf Instagram und TikTok vorbeizuswipen. Dennoch – wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Packen wir es an, hierfür stehen wir bereit!